Weststrecke: Regierungsstreit auf dem Rücken der Bürger

Rekordarbeitslosigkeit, Homeschooling und wirre Corona-Maßnahmen: Die meisten Menschen in diesem Land haben schon genug Sorgen. Eine mehr dürften seit einigen Tagen Pendler und Schüler entlang der Weststrecke (Salzburg – Oberösterreich – Wien) haben. Denn ein groteskes Machtspiel zwischen Bundesfinanzminister Blümel und Infrastrukturministerin Gewessler sorgt dafür, dass der Bahnverkehr auf dieser wichtigen Strecke um bis zu 50 Prozent reduziert werden könnte. Was ist passiert? Es scheint so, als hätte der Finanzminister den Geldhahn für die Westbahnstrecke zugedreht, nachdem die Grünen öffentlich Kritik in Asylfragen laut werden ließen. Durch den Rückgang der Fahrgastzahlen in Corona-Zeiten sind aber ÖBB und Westbahn auf dieses Geld angewiesen. Die Zuständigkeit für den überregionalen Bahnverkehr fällt eindeutig in den Bereich der grünen Bundesministerin Gewessler.

Kritik hagelt es dafür von allen Seiten. Denn die Leidtragenden werden vor allem Pendler und Schüler entlang der Weststrecke sein, die auf verlässliche Anschlüsse angewiesen sind. Regionale und überregionale Bahnangebote sind zudem eng miteinander abgestimmt. Fahrplanreduktionen führen also dazu, dass die Verbindungen weniger verknüpft und damit unattraktiver werden. Daraus folgt, dass sich vor allem Pendler für das Auto entscheiden werden oder sogar müssen (schlecht für die Umwelt!), Arbeitnehmer mit weiteren Einschränkungen rechnen müssen (schlecht für die Wirtschaft!) und die verbliebenen Fahrgäste sich immer weniger Züge teilen müssen (höhere Ansteckungsgefahr, schlecht für die Gesundheit!).

Mittlerweile soll eine Lösung in Sicht sein und der Finanzminister ruderte wortreich zurück. Es sei ja schließlich üblich, Nachfragen zu stellen. Aber angesichts der derzeitigen Situation ist das Gezerre um verlässlichen Bahnverkehr sicher das falsche Signal, nicht nur aus gesundheitspolitischer Sicht. Auch die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung und ihrer Maßnahmen wird weiter beschädigt. Immerhin ließ uns Kanzler Kurz noch im vergangenen Jahr wissen, dass sein Motto zur Bewältigung der Krise „Koste es was es wolle“ sei. Für den Bahnverkehr scheint dies jedoch nicht zu gelten.